nommen und damit kommuniziert haben, werden wir andere. Insofem sind wir tatsachlich dann nicht mehr diejenigen, die wir vor der Kommunikation waren. Wer kommuniziert, verandert sich und ist damit nicht mehr der, der er vorher war. Die Negation des Anderen durch das Selbst, wie auch umgekehrt, besteht nach Benjamin darin, dass er durch die Kommunikation verandert wird, wie allerdings das Selbst auch. Kommunikation hatte dann konkret den Verlust der Identitat zur Folge, denn ein Einfluss von auBen verandert. Veranderung heiBt, es ist ein neuer Zustand gegeben. Das kann das absolute Subjekt aber nicht zulassen, weil es dann nicht mehr absolut ist, d.h. sein Mit-sich-identisch-Sein ist gleichbedeutend mit seiner Unbeeinflussbarkeit. Absolutsein heilit mit sich identisch bleiben. Diese Vorstellung erinnert stark an den 瀠nbewegten Beweger" bei Aristoteles (vgl. Metaphysik XII, 1072b). Auch das absolute Sein bei Wyss (s. Abschnitt 5.3.4) erwies sich nicht als vollkommen Kommunizierendes, sondem als gar nicht Kommunizierendes. Das absolute Subjekt ist dasjenige, das nicht kommuniziert. Wenn das Selbst etwas tut, negiert es damit zugleich den Anderen. Negation meint, dass der Andere durch mein Tun beeinflusst und dadurch verandert wird, also nicht mehr mit sich identisch ist. Der Andere anerkennt daher nicht das Tun des Selbst, damit er nicht seine Identitat verliert. Das ist eigentlich grundlegend die Vemeinung von zwischenmenschlicher Kommunikation. Die Anerkennung ist existenziell notwendig, und sie geschieht durch Handeln, das den Anderen beeinflusst, d.h. durch Kommunikation. Die Ergebnisse der Sauglingsforschung belegen diesen Sachverhalt. Den Anderen anerkennen heiBt, den eigenen AUmachtsanspruch aufgeben. Warum muss es den erst geben, um ihn dann wieder aufzugeben Fiir den Saugling ist das Anderssein, das immer wieder Anderssein, doch auch anregend. Das Neue weckt seine Aufmerksamkeit. Der Andere in seiner Andersheit ist neu. Die Begegnung fiihrt zur Veranderung von beiden. Der Andere ist auch der, der Grenzen setzt. Erst in der Beriihrung mit dem Anderen sptirt sich der Eine selbst. Ob das als beengend oder fordemd erlebt wird, hangt von der Weise der Beruhrung ab, namlich von der Kommunikation. Durch die Beruhrung und das Beriihrt-Werden in der Kommunikation entwickeln wir uns oder schranken wir uns ein. Der Saugling wird durch das AuBen stimuliert, und sein Gehim ist immer wieder aktiv auf der Suche nach Stimulierung. Widerstand ist notwendig, um sich selbst zu erleben; er kann aber sehr verschiedene Qualitaten haben. 5.6.5.5 Balance im Paradox Benjamin pladiert nun dafiir, zwischen Selbstbehauptung und Bedurfnis nach Anerkennung eine Balance zu halten und nicht in eine Polarisierung zu fliichten. 濿eil der Wunsch nach Anerkennung durch den Anderen uns in die Abhangigkeit vom anderen zuriickwirft, miindet das Paradoxon der Anerkennung in einen Kampf um die KontroUe. In diesem Kampf konnen wir zu der Erkenntnis kommen, dass wir, wenn wir den anderen vollig negieren, damit auch uns selbst negieren. Denn wenn wir vollige Kontrolle uber den anderen beanspruchen, wenn wir seine Identitat und seinen Willen zerstoren, dann gibt es niemanden mehr, der uns anerkennen konnte. Dann ist niemand mehr da, den wir begehren konnten" (Benjamin 1996, 41). 198